M.N.T. informiert

AIDS

– und was Kirchen und der Staat in Tansania

dagegen unternehmen

"AIDS has no cure" AIDS kann nicht geheilt werden: So war es auf Spruchbändern im Jahr 2003 zum "20 jährigen Jubiläum von AIDS in Ostafrika" zu entnehmen. Musikbands spielten, Theatergruppen brachten die Bedrohung durch AIDS bei alltäglichen Situationen zum Ausdruck.

"Avoid casual sex" vermeide spontanen Geschlechtsverkehr will sagen: Halte dich an einen festen Partner. Lass dich nicht zu Sex mit einer fremden Person hinreißen.

Soweit würden Staat und Kirche gemeinsam vorgehen, um über AIDS zu informieren. Es muss über Sexualität geredet werden, denn AIDS ist im Wesentlichen als Geschlechtskrankheit einzustufen. Über dieses Thema zu rede, stellt in Afrika ein weit größeres Tabu dar als in Europa oder in Amerika.

AIDS trifft in Afrika Frauen und Männer gleichermaßen. Homosexualität und Heroininjektionen spielen keine wesentliche Rolle. Selbstverständlich muss die Gefahr der Übertragung durch Tätowierung, traditionelle Beschneidung und medizinische Behandlungen beachtet werden. Plötzliche Abmagerung, Hauterscheinungen, chronischer Durchfall und auch eine wieder aufgeflammte Lungentuberkulose sind typische Anzeichen der Immunschwächekrankheit. Die Ansteckung mag durchaus mehrere Jahre zurückliegen. Bei dem Erreichen des Stadiums der AIDS-Erkrankung liegt die durchschnittliche Überlebenszeit in Ostafrika ohne rechtzeitige Gabe von AIDS-Medikamenten bei ungefähr sechs Monaten. AIDS Medikamente werden jetzt in vielen staatlichen und auch kirchlichen Krankenhäusern im Rahmen mehr oder weniger streng überwachten Programmen angeboten. Leider muß befürchtet werden, dass bei dem tatsächlichen Bedarf langfristig keine kontinuierliche Behandlung gewährleistet werden kann. Für die AIDS-Kranken im Endstadium kommt eine solche medikamentöse Therapie zu spät. Dann ist Home-Based-Care, Häusliche Pflege also, das angemessene Verfahren, um Patienten zu Hause zu versorgen. Auch in dieser Hinsicht unterstützt die Kirche vor Ort Initiativen in den Dörfern.

In den Achtziger Jahren hat sich AIDS in Ostafrika rasend schnell ausgebreitet. Zunächst war Uganda am stärksten betroffen. Der Krieg mit Tansania und die längere Anwesenheit von Truppen in Uganda haben sicher der Seuche Vorschub geleistet. Entlang der großen Hauptverkehrswege breitete sich die Krankheit aus und hinterließ in einigen Jahren einen Kahlschlag in den Siedlungen. Alte Leute und Kinder blieben zurück. Offiziell besteht eine Durchseuchung mit HIV in der Altersgruppe von 15 bis 49 Jahren von 6,5 %. Die Dunkelziffer liegt sehr hoch, da sich die Mehrheit gar nicht testen lässt. In den Großstädten ist bei Schwangeren in etwa 30 % mit einem positivem AIDS Test zu rechnen. Diese Bluttests werden jetzt meistens in Beratungsstellen wie in Machame kostenlos angeboten. Diese Testreihen sind nur wegen finanzieller Hilfe durch ausländische Organisationen möglich. Wer möchte aber schon wissen, ob er unter Umständen AIDS POSITIV ist. Lieber Ungewissheit als die Katastrophe! Es ist durchaus schon vorgekommen, dass ein kräftiger und äußerlich gesund erscheinender Mann nach der Information über einen positiven AIDS Test durchgedreht ist mit Aussprüchen wie: "Wenn ich schon sterben muss, dann werde ich noch andere mit ins Grab nehmen."

Was wird schon getan und was ist darüber hinaus noch erforderlich: Es gibt die verschiedensten Aktivitäten des Staates und der Kirchen, was die AIDS Information betrifft. In der Norddiözese, mit der wir partnerschaftlich verbunden sind, gibt es an jedem Krankenhaus ein Gesundheitsprojekt mit mehreren Mitarbeitern, die nach Einladung in eine Kirchengemeinde dort Gesprächsgruppen und Informationsveranstaltungen zu Gesundheitsproblemen anbieten. Dazu gehören natürlich auch die Themen AIDS und Alkoholismus. Ob sich dann gerade die an Ort und Stelle versammeln, die die Krankheit weiter ausbreiten, mag dahingestellt bleiben. Opfer und Leidtragende sind auf jeden Fall unter ihnen. Es gibt kaum eine Großfamilie in Tansania, die nicht mit wenigstens einem Mitglied durch AIDS betroffen ist oder war. Natürlich mögen dann die Krankheitsdiagnosen oder die Todesursachen anders lauten, denn AIDS erscheint immer noch als individuelle und auch als familiäre Schande.

Plakat HIV Test

Das Krankenhaus in Karatu hatte auch jahrelang diese Aufklärungsarbeit in den Dörfern und Gemeinden durchgeführt. Dann ging das Projektauto kaputt. Die Dekanate von Bad Berneck, Bayreuth und Altdorf haben zusammengelegt, um für Karatu ein neues geländegängiges Projektauto zu finanzieren. Seit ca. 2 Jahren steht dieses neue Auto in Karatu zur Verfügung.

Machame Hospital Labor CD4-Zellmeßgerät

AIDS und ARMUT das ist die explosive Mischung! Abhängigkeiten machen Menschen zu Opfern, Macht macht Menschen zu Tätern und Armut hindert Kirchen und Staat gegen das Problem angemessen vorzugehen.

„Teilt Kondome aus" empfehlen AIDS Kampagnen in Europa und USA.

Das Propagieren von Kondomen hieße, zu Ehebruch und Unzucht anzustiften, sagen die meisten christlichen Kirchen in Afrika. Trotzdem beginnt auch in manchen Kirchen schon das Umdenken. Die anglikanische Kirche in Tansania hat dabei gegen harten Widerstand in den eigenen Reihen schon den Anfang gemacht. "Es wäre besser, euch in der einen oder der anderen Situation zu enthalten, aber wenn ihr es nicht könnt, dann verwendet wenigstens ein Kondom zum Schutz von euch selbst und eurer Partnerin."

Frauenpower gegen AIDS

Das Frauen-Projekt KIWAKUKI in der Kilimanjaro-Region möchte Menschen dazu animieren, sich auf HIV testen zu lassen, die Infizierten begleiten und unterstützen und auch die ganze gesellschaftliche Katastrophe anzugehen, soweit Mittel vorhanden sind. Da haben AIDS-Waisen kein Zuhause mehr, weil sich die Verwandtschaft Land und Haus unter den Nagel gerissen haben. Da ist professionelle juristische Hilfe von Nöten. Frauen können diese Arbeit besser schultern, da sie ohnehin über die Arbeit in den Familien besser Bescheid wissen und darüber hinaus auch vertrauenswürdiger mit Geld umgehen können.

Was könnte sonst noch helfen, um besser mit AIDS fertig zu werden?

AIDS Medikamente sind unwahrscheinlich teuer. Hier in Deutschland kann man pro Patient und Jahr Kosten von mindestens € 15000, veranschlagen. Die Medikamente müssen als Dauerbehandlung zur Verfügung stehen. Selbst wenn große Pharmakonzerne die Medikamente zum Selbstkostenpreis für solch arme Länder wie Tansania abgeben würden, könnte es der Staat oder der einzelne Patient nicht bezahlen.Derzeit kann nur internationale Hilfe die ausreichende Versorgung mit AIDS-Medikamenten gewährleisten.

HIV Medikament Nevimune       HIV-Medikament Efavirenz

Am einleuchtendsten erscheint zunächst die Kurzbehandlung einer infizierten Schwangeren kurz vor der Geburt, um eine Übertragung des Virus auf das Neugeborene zu verhindern, was in ca. 30 % der Fälle zu befürchten ist. Was soll aber dann mit dem "geretteten Kind" passieren, wenn in ein bis zwei Jahren Mutter und Vater verstorben sind. Sollte dann nicht wenigstens die Mutter dauerhaft mitbehandelt werden, um die Mutter für das Kind am Leben zu erhalten. Und was hat die Mutter für Aussichten, wenn ihr der Ehemann als Brotverdiener weggestorben ist? Fragen über Fragen? Die soziale Problematik wird jetzt erst zunehmend deutlich, nachdem vorher die afrikanische Großfamilie vieles auffangen konnte. Wer soll sich um mehrere hunderttausend AIDS-Waisen in den nächsten Jahrzehnten kümmern?

Die Kirchen sehen das Problem bereits recht deutlich, aber ihre Mittel sind begrenzt.

Engagierte Informationsarbeit Kontrollierte Abgabe von Kondomen Behandlung von einer begrenzten Zahl von Patienten durch Mittel eines international finanzierten Programms Seelsorge für AIDS Kranke und für ihre Familien Sozialarbeit insbesondere für AIDS-Waisen.

Wir als M.N.T. können hierbei nur flankierende Maßnahmen treffen. Wenn es uns gelingt, die zwei Krankenhäuser, die wir unterstützen, wirtschaftlich am Leben zu erhalten, dann werden diese in Sachen AIDS einen wesentlichen Beitrag leisten können. Seelsorge und Sozialarbeit sind zum großen Teil Aufgabe der Kirchen. Für die Beschaffung und Verteilung von Kondomen werden staatliche Programme erforderlich sein. Die Kirchen sollten dagegen nicht gegen solche Programme arbeiten, sondern sie punktuell sogar unterstützen, um jedes Mittel gegen diese nationale Katastrophe auszuschöpfen. Und was AIDS-Medikamente betrifft, so hoffen wir, dass internationale Hilfe möglichst nachhaltig für eine Versorgung mit Aids-Medikamenten und für das nötige Know-How für Labor und klinische Kontrollen sorgt.

Dr. med. Fritz Seiler für M.N.T.

 

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